Wie zieht eine Gesellschaft Grenzen? Die Konstanzer Meisterklasse 2008
9. Juli 2008
Konstanz, 9. 7. 2008: Die Konstanzer Meisterklasse, die dieses Jahr vom 16. bis 24. Juli 2008 im Kulturzentrum am Münster stattfindet, hat sich ein Thema gewählt, das sowohl die Politik als auch die Wissenschaft seit längerem beschäftigt und das zugleich an Brisanz stetig zunimmt: soziale Grenzen und ihre Errichtung („Construction and Boundaries“).
Individuelle, soziale und politische Grenzen sind nicht naturgegeben, sondern sind stets umkämpft und werden dauernd neu ausgehandelt. Dennoch sind sie immer auch Ergebnis von Überlieferung und bleiben an Vertrauen und Erwartungen geknüpft. Zudem existieren sie materiell und werden durch Markierungen, Grenzschranken und -häuschen, mitunter gar Mauern und Stacheldraht sichtbar gemacht.
Der Soziologe Thomas Luckmann (Konstanz) und der Sozialphilosoph John R. Searle (Berkeley) lieferten wegweisende und kontroverse Beiträge zum Konstruktivismus in den Kultur- und Sozialwissenschaften: Sie untersuchten, inwiefern soziale Gegebenheiten konstruiert, d.h. aktiv gestaltet werden, und in welchem Verhältnis dies zu dem steht, was wir als „gegebene Realität“ ansehen. Zusammen mit dem Osloer Ethnologen Fredrik Barth soll daher im Verlauf der Meisterklasse diskutiert werden, ob und inwieweit der Konstruktivismus beim Thema Grenzen buchstäblich an seine Grenzen stößt.
1999 begründete Bernhard Giesen, der den Konstanzer Lehrstuhl für Makrosoziologie innehat, mit Shmuel N. Eisenstadt und Lord Dahrendorf als ersten „Meistern“ ein neues Tagungsformat: Bei der Konstanzer Meisterklasse steht der Austausch der Wissenschaftsgenerationen im Vordergrund. Seither findet die Veranstaltung, die neben den Vorträgen viel Raum für Diskussionen und Ad-hoc-Workshops lässt, jedes Jahr im Sommer statt. Auch heuer werden 25 ausgewählte internationale Doktoranden und Postdocs mit den eingeladenen „Meistern“ diskutieren.
Die Tagung findet zum zweiten Mal im Rahmen des Exzellenzclusters „Kulturelle Grundlagen von Integration“ statt.